"Nelly & Dick" - eine lustige Kindergeschichte
 

 

von Sofie Meys
Illustrationen: Corinna Meys

 

Der verzauberte Zauberer

 

Vorletzten Monat ist ein großer Zirkus in unserer Stadt gewesen.
Wir haben uns alle zusammen die Vorstellung angeschaut. Dick, Charice, Mama, Papa und ich. Das war wirklich toll!
Aber lasst euch erzählen, was wir an diesem Tag alles erlebt haben. Ihr werdet es sicher nicht glauben, aber genau so ist es gewesen:
Vor Nellyder Vorstellung durften alle Zirkusbesucher das Zirkusgelände besichtigen.
Wir schauten uns als erstes die Löwen in ihren Käfigen an.
Dick hatte etwas Angst.
Die Löwen haben auch ziemlich viel Lärm gemacht.

Einer von ihnen brüllte die ganze Zeit. Es sah zum Fürchten aus!
Und dabei habe ich gleich gesehen, dass der arme Kerl bloß hungrig war.
Das sagte ich dann auch Dick und er beruhigte sich ein wenig.
Leider hatte ich nichts Essbares dabei, außer Kaugummis. Ich nahm also den, an dem ich gerade kaute, aus dem Mund und warf ihn zu dem hungrigen Löwen in den Käfig. Der Löwe hat ihn auch gleich gefressen.
„Schau mal“ sagte ich zu dem Löwen und schmiss eine ganze Packung Kaugummis in den Käfig hinein. Es waren 20 bunte Kaugummikugeln, die Mama mir an demselben Tag morgens gekauft hat.
„Damit du  endlich Ruhe gibst Nelly“, hatte Mama im Supermarkt zu mir gesagt. 
Papa rief: „Nelly, lass das!“
Aber da rollten die bunten Kaugummikugeln schon über den Boden des Löwenkäfigs und der hungrige Löwe hatte die meisten schon aufgefressen.
Und tatsächlich war er auf einmal ganz ruhig geworden. Da hatte Mama ja  einmal Recht gehabt.
„Siehst du“, sagte ich zu Dick.
Der hat mich ganz schön bewundert, wie schnell ich es geschafft habe, den wilden Löwen zu beruhigen.
„Schnell weg hier!“, rief Papa und zog mich vom Käfig weg. Charice kicherte bloß.
Schade. Ich hätte dem Löwen so gerne noch ein wenig beim Kauen zugeschaut.
Zum Glück ist es Dick und mir dann gelungen, die anderen abzuhängen. Als gerade keiner zu uns schaute, haben wir uns schnell und heimlich davon geschlichen. Dann konnten wir endlich machen, was wir wollten. Und wenn wir alleine sind, erleben wir meistens viel spannendere Dinge, als mit Mama, Papa oder Charice.
Einer der Wagen auf dem Zirkusplatz war ganz bunt angemalt gewesen. Wir blieben staunend davor stehen. Auf dem Wagen war ein riesengroßer Zaubererhut abgebildet. Und oben heraus schaute ein weißes Kaninchen.
Klar, hier wohnte der Zauberer.
Ich fragte Dick, ob er den Zauberer auch gerne einmal besuchen wollte und er nickte. Wir klopften also an die blaue Wagentür, aber es sagte niemand „Herein“.
Dick hatte aber etwas gehört, denn er scharrte mit seinen Pfoten an der Tür. Hunde können ja viel besser hören als Menschen!
Vielleicht war dem Zauberer ja etwas zugestoßen und er konnte uns deshalb die Tür nicht aufmachen.
Wir gingen also hinein.
Der Zauberer war nirgends zu sehen und dabei hätte er doch eigentlich hier sein müssen.
Ich rief laut: „Hallo, Herr Zauberer!“
Dann schauten wir uns ein wenig um.
Der Wagen war wie eine kleine Wohnung eingerichtet, aber es gab nur einen Raum. Hier befand sich sogar eine kleine Küche und an der Wand stand ein Bett.
Ich rief noch einmal: „Hallo ist hier jemand?“
Und tatsächlich rührte sich plötzlich etwas im Bett des Zauberers.
Als wir die Decke zurückschlugen, saß dort ein weißes Kaninchen und stellt euch vor: Es hatte einen winzigen schwarzen Zylinder auf dem Kopf!
Erschrocken und wie angewurzelt blieben wir stehen. Denn sogleich war uns der Ernst der Lage bewusst.
Es war sonnenklar! Der Zauberer hatte sich versehentlich in ein Kaninchen verwandelt! Kaninchen mit Hüten gab es nicht und sie schliefen ja auch nicht in normalen Betten.
„Oh, sie armer Zauberer“, sagte ich und nahm das weiße Kaninchen vorsichtig auf den Arm.
Dann durchsuchten Dick und ich den Wagen des Zauberers.
Wir mussten unbedingt den Zauberstab und das Zauberbuch des Zauberers finden. Damit hätten wir ihn ‚Ruckzuck’ wieder in einen Menschen zurück verwandelt.
Wie gut, dass ich schon ein wenig lesen konnte! Das habe ich mir selber beigebracht. Mama und Papa wissen nicht, dass ich es schon kann.
Und ich werde es auch niemandem verraten, damit mich niemand für einen Streber hält. Streber sind Kinder, die den ganzen Tag lernen, damit sie bessere Noten bekommen als alle anderen.
Charice sagt immer, Streber sind ‚super-doof’ und keiner kann sie leiden.

Was der Zauberer alles in seinen Kisten verstaut hatte! Ich setzte den verzauberten Zauberer wieder auf sein Bett. Dann zog ich aus einer Kiste Hunderte von bunten Tüchern heraus und aus einer anderen Kiste bunte Plastikblumen und lange Seile. 
Nachdem wir alle Kisten ausgeleert hatten, sahen wir vorsichtshalber noch im Schrank nach.
Dann kroch Dick unter das Bett des Zauberers und ich traute meinen Augen nicht, als er wieder hervor gekrochen kam, denn er hielt tatsächlich den Zauberstab in seinem Maul!
Ich jubelte laut und auch der verzauberte Zauberer schien sich zu freuen. Er schaute schon viel fröhlicher aus seinen großen Kaninchenaugen.
„Machen Sie sich mal keine Sorgen, Herr Zauberer, wir kriegen das schon wieder hin“, beruhigte ich ihn und als Antwort kitzelte er mich mit seinen Barthaaren am Kinn. Da mussten Dick und ich laut lachen.
Dick sagte „Wau wau!“ Das bedeutete, dass er sich freute.
Wir nahmen einige Tücher, Plastikblumen, ein paar Seile und den Zauberstab  mit und verließen alle drei unauffällig den Wohnwagen des Zauberers.
Zum Zurückverwandeln wollten wir uns ein ruhiges Plätzchen suchen. Auf allen Vieren schlichen wir zwischen den vielen Wohnwagen hindurch. 
Außer Mama und Papa war niemand  mehr auf dem Zirkusgelände.
Sie liefen ganz aufgeregt über den Platz und riefen die ganze Zeit: „Nelly! Dick! Wo seid ihr?“
Ich legte den Finger auf den Mund und sagte „Psst“
Dann wusste Dick, dass er ruhig sein musste. Die beiden konnten uns bei unserer wichtigen Aufgabe nun wirklich nicht helfen. Wahrscheinlich würden sie nur wieder alles verderben und der Zauberer müsste sein restliches Leben ein Kaninchen bleiben.
Gerade schlichen wir an einem Käfig mit mindestens 10 Kaninchen vorbei!
„Oh, mein Gott, Dick“, rief ich. „Alles verzauberte Zauberer!“
Wir öffneten rasch die Käfigtür, damit die anderen Zauberer gleich mitkommen konnten. Die dummen Zauberer hoppelten aber in allen Richtungen davon.
„Dummköpfe!“, rief ich ihnen hinterher. „Lauft wenigstens nicht zum Löwenkäfig!“
Endlich hatten wir ein kleines Stück Wiese gefunden, auf der wir ungestört zaubern konnten.
Den Zauberer auf dem Schoß, schwang ich den Zauberstab.
 „Abrakadabra.. simsalabim...“
Als das nichts half, erfand ich selber ein paar Sprüche und schaute dem Kaninchen beschwörend in die Augen. Auch Dick schaute beschwörend und legte seinen Kopf dabei schief zur Seite.
„Kwadrakalabra...kwimdalakwim..Rattenfuß Kaninchenbein.....“
Einmal kurz zuckte der Zauberer zusammen, aber dann blieb er doch ein Kaninchen.
Ratlos schaue ich zu Dick.
Und der wusste wie immer Rat. Er blickt zum Zirkuszelt.
Beinahe hätten wir die Vorstellung verpasst!
Wir robbten also bis zu dem großen gelben Zirkuszelt und krochen unter der Plane hindurch in das Zelt hinein.
Den verzauberten Zauberer hatten wir natürlich mitgenommen.
Über uns befanden sich Holzgerüste, auf denen die  Zirkusgäste saßen.
Plötzlich entdeckte ich Charice. Dick und ich winkten ihr zu – Dick tat das natürlich mit seinem Schwanz. Aber leider sah sie uns nicht.
Gerade waren die Clowns an der Reihe und machten jede Menge Unsinn.
Der eine von ihnen wollte eine Wand streichen und stieg dazu auf eine Leiter hoch. Aber die Leiter konnte er nirgendwo anlehnen, weil es gar keine Wand gab. Also kletterte er einfach so an der Leiter hoch und stand dann mit der Leiter in der Luft. Das war toll! Aber immer, wenn er anfangen wollte die unsichtbare Wand zu streichen, fiel der Clown zusammen mit der Leiter um und der andere Clown schimpfte ihn aus.
Schade, dass er immer wieder umfiel. Ich hätte so gerne gesehen, wie er die unsichtbare Wand anstreicht. Vielleicht wäre sie dann gar nicht mehr unsichtbar gewesen?
Nach den Clowns ging es weiter mit den Artisten. Dick und ich rissen vor Staunen den Mund auf. Also Dick riss natürlich seine Schnauze auf.
Sie machten wirklich tolle Sachen: Saltos und  Purzelbäume…
Als die Artisten mit ihrer Vorstellung fertig waren, kam der Zirkusdirektor in die Manege und sprach in ein Mikrofon.
„Liebe Besucher“, sagte er und dann auch noch  „Liebe Kinder!“
„Ich freue mich, euch nun einen berühmten Magier vorstellen zu können: Abrakulix! Der wohl beste Zauberer der Welt!!“
Dick und ich schauten uns erschrocken an! Denn wir wussten ja, dass Herr Abrakulix nicht kommen würde. Der saß ja hier auf meinem Schoß!!
Der Zirkusdirektor begann bereits, sich nervös umzuschauen, aber es war klar, dass der große Zauberer Abrakulix nicht erscheinen würde.
Und dann ging dieses Murmeln los. Es wurde immer lauter und es drehte mir richtig den Magen um. Mir wurde langsam klar, dass hier etwas geschehen musste.
Aber was nur?
Sehr nervös schaute ich zu Dick und der schaute mich ernst an. Sehr ernst sogar.
„Meinst du wirklich, Dick?“, fragte ich etwas ängstlich.
Dick schaute zu dem Zirkusdirektor in der Manege und sagte: „Wuff-wuu-uf!“
„Also gut“, sagte ich dann und stand langsam auf.
Der Zirkusdirektor stand immer noch ganz allein in seiner Manege und schaute sich andauernd nervös um.
Also marschierten wir los: Dick und ich und der verzauberte Zauberer auf meinem Arm.
Der Zirkusdirektor schaute zuerst etwas verwundert, aber ich glaube, dann hat er sich doch gefreut, dass wir da waren und er nicht mehr so alleine da herumstehen musste.
„Ja, Hallo, wen haben wir denn da?“, sagte er ganz erfreut.
Ja, da wusste er ja noch nicht, dass sein berühmter Zauberer Abrakulix jetzt ein Kaninchen war!
Ich sagte es ihm und er lachte. Ja, er lachte tatsächlich! Glaubte er uns etwa nicht?
„Ja, was machen wir denn da?“, fragte er ziemlich lächerlich.
Er hielt das Ganze wohl für einen Scherz!
Ich sollte ans Mikrofon kommen und dort hinein sagte ich dann laut und deutlich, dass es alle hören konnten:
„Der Zauberer kann heute nicht zaubern, denn er hat sich aus Versehen in ein Kaninchen verwandelt. Hier,  schaut her! Er hat sogar noch seinen Zaubererhut auf.“ Ich hielt den verzauberten Zauberer hoch, damit alle ihn sehen konnten.
Die Zuschauer lachten und klatschten.
Ich schaute zu Charice. Sie strahlte übers ganze Gesicht, und klatschte wie wild, als sie uns sah. Und neben ihr saßen jetzt Mama und Papa. Ich winkte ihnen zu. Mama sah ziemlich verzweifelt aus. Papa winkte ein wenig zurück.
Wenigstens brauchten sie Dick und mich jetzt nicht mehr zu suchen.
„Ja, was machen wir denn jetzt?“, fragte der Zirkusdirektor schon wieder ziemlich dumm und ich muss ihn wohl sehr böse angesehen haben, denn plötzlich hörte er auf zu lachen und beugte sich vor, um mir etwas ins Ohr zu flüstern.
„Hör mal Kleine, wenn dich der Magier Abrakulix her geschickt hat, dann tu endlich was. Die Zuschauer wollen schließlich etwas sehen für ihr Geld.“
Ich schaute ihn noch viel böser an und überlegte.
Dann sagte ich zu ihm, dass ich ein schwarzes Zelt oder eine Wand mit einem schwarzen Tuch davor brauchte und einen kleinen Tisch.
Er gab sofort die Anweisungen. Schon nach ein paar Sekunden stand alles parat.
Ich stellte mich mit dem Zauberer auf dem Arm vor die schwarze Wand und rief Dick.
Blitzschnell ernannte ich ihn zu meinem Zauberer-Assistenten. Damit das auch alle erkennen konnten, band ich ihm eins von den bunten Tüchern aus dem Wagen des Zauberers um den Hals und steckte noch ein paar Plastikblumen dazu.
Wir arbeiteten wirklich sehr konzentriert und holten alles, was wir über Zauberei wussten, aus uns heraus.
Ich spannte mehrere Seile vom Tisch bis zur schwarzen Wand, nahm dann das Kaninchen in beide Hände, hielt es hoch in die Luft und fing an, die ersten Zaubersprüche zu murmeln: „Schnabelius..karra-kamelius..baktari-lingo...mikimi-lario...“
Dann drehte ich mich zu der Wand mit dem schwarzen Vorhang herum und ging hindurch.
Ja, und was dann geschah, war wirklich ganz merkwürdig.
Ganz plötzlich wurde ich brutal umgestoßen.
Ich stieß so heftig mit einem großen schwarz gekleideten Mann zusammen, dass mir das Kaninchen aus der Hand fiel und nicht nur das.
Die ganze Wand stürzte über uns zusammen! Als ich weglaufen wollte, fiel ich über ein Seil und verwickelte mich zusätzlich noch in dem schwarzen Tuch.
Ich wusste nicht, ob ich weinen sollte, ließ es dann aber doch lieber sein. Dick weinte ja auch nicht und er bekam sogar einen Fußtritt von dem großen Mann mit dem schwarzen Umhang.
Der Zirkusdirektor klatschte und rief:
„Bravo! Wirklich großartig, Herr Abrakulix!“
Doch Herr Abrakulix schien gar nicht so glücklich darüber zu sein, dass wir ihn gerade von einem Kaninchen in einen Menschen zurückverwandelt hatten.
Er zeigte ärgerlich auf Dick und mich und rief:
„Diese Diebe..!“
Ich fand einfach, dass er als Kaninchen viel netter war und so überlegten wir nicht lange, befreiten uns aus dem schwarzen Vorhang und rannten, so schnell wir konnten in Richtung Ausgang.
Wir wollten einfach nicht länger in der Nähe eines wütenden Zauberers sein. Am Ende hätte er Dick und mich noch in zwei Mäuse verwandelt.
Ganz außer Atem erreichten wir schließlich den Ausgang des Zirkuszeltes. Von dort rannten wir quer über die Wiese und so schnell es ging nach Hause.

Als alle wieder zuhause waren, war vielleicht was los!
Außer Mama waren alle ganz glücklich. Sie jammerte und weinte die ganze Zeit, weil sie schon geglaubt hatte, dass die Löwen uns gefressen hätten.
Charice war überglücklich, dass sie am nächsten Tag in der Schule etwas zu erzählen hatte. Sie sagte: „Nelly, du bist wirklich super!“
Papa legte die Hand auf meine Schulter und sagte, dass er eine richtig begabte Magier-Tochter.. und einen begabten Magier-Hund hätte!
Dennis sagte nur: „Komikerin!“ 
Das sagt er meistens und merkwürdigerweise haben ja auch alle über unsere Zaubervorstellung gelacht.
Also ich weiß wirklich nicht, was daran so lustig gewesen ist..

zum 1.Teil (Einleitung)

Wer an weiteren Episoden von "Nelly & Dick" interessiert ist, der kann sich diese gegen einen Kostenbeitrag von 3 Euro pro Episode bequem per Email zuschicken lassen. Bis zu drei Episoden können bestellt werden. Den Betrag von 3, 6 oder 9 Euro auf folgendes Konto überweisen, die Geschichten werden dann per Email.
Wichtig! Bei der Überweisung muss eine Email-Adresse angegeben werden!!

Für "Nelly & Dick" wird dringend ein Illustrator/in gesucht. Wer hat Lust, ein paar lustige Zeichnungen beizusteuern? Meldet euch doch bei uns:

>>>Hier als Illustrator/in bewerben